Wie geht es den Kindern in Luxemburg? Welchen Blick werfen sie auf die verschiedenen Bereiche ihres Lebens? Sind sie zufrieden?
Neuartige Erkenntnisse
Ein nationaler Bericht zur Situation der Kinder in Luxemburg, der alle 5 Jahre dem Parlament vorgelegt wird, analysiert die Situation der im Großherzogtum lebenden Kinder im Alter von 0 bis 12 Jahren eingehend, um besser zu verstehen, welche Faktoren sich auf ihr Wohlbefinden auswirken.
Die erste Ausgabe des Berichts, die am 22. März vorgestellt wurde, konzentriert sich auf das Wohlbefinden der Kinder, das durch ihr eigenes Empfinden gemessen wird. Umfangreiche und aktuelle Daten wurden zusammengetragen, die ein fundiertes Bild über die Lebensumstände (Familie, Freundschaft, Freizeit, Bildung, materielle Ressourcen, Partizipationsmöglichkeiten usw.) und die Lebenszufriedenheit der Kinder in verschiedenen Bereichen abgeben.
Mit seiner grundlegenden Bestandsaufnahme zum Wohlbefinden der in Luxemburg lebenden jungen Menschen stellt der Kinderbericht 2022 einen bedeutenden Beitrag sowohl für die Politik als auch für die Forschung über die Kindheit und die Bildungspraxis in unserem Land dar.
Zwei sich ergänzende Studien
Der Bericht basiert auf zwei Studien mit unterschiedlichen methodischen Zugängen. Dabei handelt es sich um:
- eine qualitativ-explorative Feldstudie zur Partizipation und Inklusion von Kindern im Alltag von Strukturen der non-formalen Bildung (Krippen, Maisons relais, Foyers scolaires) für Kinder zwischen 0 und 12 Jahren und
- eine repräsentative quantitative Befragung von Kindern von 8, 10 und 12 Jahren zu ihrer Lebenssituation und ihrem Wohlbefinden zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten (2019 und 2021).
Beide Studien wurden unabhängig voneinander durchgeführt, aber unter der gemeinsamen Klammer des international gebräuchlichen Konzepts kindlichen Wohlbefindens in den Bericht integriert. Beide Studien gehen davon aus, dass Kinder nicht lediglich als Schülerinnen und Schüler oder Familienmitglieder wahrzunehmen sind, sondern als Individuen mit eigenen Rechten. Ihre Position, Perspektive und Einschätzungen sind ernst zu nehmen. Als Experten ihrer Lebenswelt sollen sie selbst über ihr Wohlbefinden befragt werden.
Ein Blick auf die Pandemie
Diese erste Ausgabe des nationalen Kinderberichts zur Situation der Kinder in Luxemburg entstand während der sanitären Krise. Der Prozess zur Erstellung des Berichts begann 2018, die Datenerhebung in den einzelnen Studien fand zwischen 2019 und 2021 statt, also auch während der Phase der Covid-19-Pandemie. Es gibt noch wenig Informationen über die mittelfristigen Auswirkungen dieser Krise. Der Bericht behebt diesen Mangel mit neuartigen Informationen über das Wohlbefinden von Kindern in Luxemburg mehr als ein Jahr nach Beginn der Pandemie.
Zentrale Ergebnisse
Die Analysen des Berichts ergeben, dass :
- das Niveau des Wohlbefindens ist bei Kindern in Luxemburg generell hoch, wobei es jedoch Unterschiede gibt;
- die Familie ist ein wichtiger Faktor für die Lebenszufriedenheit, auch wenn Eltern und Kinder unterschiedliche Einschätzungen zu negativen Gefühlen und Erfahrungen der Kinder im Kontext der Pandemie abgeben;
- sowohl die non formale Bildung (in Kindertagesstätten, Maison relais usw.) als auch die formale Bildung (in der Schule) tragen zum Wohlbefinden des Kindes bei;
- Teilhabe, Mitbestimmung und Erfahrung von Zugehörigkeit sind für das kindliche Wohlbefinden von entscheidender Bedeutung und Einrichtungen der non-formalen Bildung erleichtern solche Erfahrungen;
- die Mitbestimmungsmöglichkeiten von Kindern und der Bekanntheitsgrad der Kinderrechte sind noch ausbaufähig;
- die Covid-19-Pandemie hat Veränderungen in verschiedenen Bereichen mit sich gebracht, das allgemeine Wohlbefinden ist jedoch stabil geblieben.
Drei Autoren
Die Erstellung des Berichts erfolgte im Auftrag des Ministeriums für Bildung, Kinder und Jugend (MENJE) und beruht auf einer Kooperation zwischen der Universität Luxemburg, dem Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (LISER) und der Eberhard Karls Universität Tübingen.
Die fachliche Koordination lag in den Händen von Professor Sascha Neumann (Prof. Dr. phil.), Professor am Institut für Erziehungswissenschaft der Eberhard Karls Universität Tübingen (D). Seine Forschungsschwerpunkte sind Theorie der Kindheit und Kindheitsforschung, Wohlbefinden und Partizipation von Kindern sowie Mehrsprachigkeit in der frühen Kindheit.
Nicole Hekel (Dipl.-Päd.) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Centre for Childhood and Youth Research (CCY) an der Universität Luxemburg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind sozialwissenschaftliche und soziologische Kindheitsforschung, Pädagogik der frühen Kindheit sowie Partizipation, Inklusion und Well-being. Sie ist Mitverantwortliche und Mitautorin bei der Studie zu Partizipation und Inklusion in der non-formalen Bildung im Kinderbericht 2022.
Dr Audrey Bousselin ist Forscherin in der Abteilung Conditions de vie am Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (LISER). Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Bildungs- und Betreuungspolitik für die frühe Kindheit und die Politik zur Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben. Sie ist die Autorin des Kapitels „Les enfants et leur bien-être: ce qu’en disent les enfants - Résultats d’une enquête représentative“.
Eine Konferenz mit Live-Übertragung
Die wichtigsten Ergebnisse des ersten Kinderberichts werden der Öffentlichkeit und Fachleuten aus dem Bereich der Kinderbetreuung auf einer Konferenz, am 30. März 2022 von 18.30 bis 19.45 Uhr im Hémicycle des European Convention Center in Luxemburg-Kirchberg vorgestellt. Die Konferenz wird live übertragen und kann anschließend online angesehen werden.
Der Kinderbericht… Kindergerecht erklärt
Kinder dabei unterstützen ihr Recht auf Mitbestimmung und Mitsprache in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens in Anspruch zu nehmen, bedeutet auch komplexe Prozesse und Themen auf eine kinderfreundliche Ebene zu bringen. Vor allem, wenn sie direkt betroffen sind.
Um den Inhalt des Berichts den Hauptinteressenten zugänglich zu machen, koordiniert das Kannerbureau Wooltz die Konzeption einer Version für Kinder. Das Buch wird die wichtigsten Ergebnisse des Berichts aufgreifen und gleichzeitig das Bewusstsein für Kinderrechte und die Thematik des Wohlbefindens schärfen.
Kinder sind eingeladen, sich an allen Phasen der Entwicklung zu beteiligen, von der Ideensammlung über die Auswahl der Illustrationen und Texte bis hin zum Kontakt mit dem Verlag. Das Kannerbuch wird bis Ende des Jahres vorgestellt.
Um das Thema zu vertiefen
Studien die im Kinderbericht genannt werden
Children’s Worlds, the International Survey of Children’s Well-Being (ISCWeB)
Worlds of Influence, Understanding What Shapes Child Well-being in Rich Countries, UNICEF https://www.unicef-irc.org/child-well-being-report-card-16
Luxemburgische Studien
Nationaler Bericht zur Situation der Jugend in Luxemburg 2020: Wohlbefinden und Gesundheit von Jugendlichen in Luxemburg
Nationaler Bildungsbericht Luxemburg 2021
Les expériences des services d’éducation et d’accueil lors de la crise sanitaire liéé à la COVID-19 entre septembre 2020 et mars 2021, Service national de la jeunesse
Strengthening Early Childhood Education and Care in Luxembourg, A Focus on Non-formal Education, OCDE
Europäische und international Studien
Informationen über die Maßnahmen der Europäischen Union im Bereich der frühkindlichen Betreuung und Erziehung
Health Behaviour in School-aged Children, transnationale Studie über das Wohlergehen der jungen Menschen und ihre Gesundheits- und Sozialverhalten
Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) https://www.weiterbildungsinitiative.de/publikationen/detail/bildungsteilhabe-und-partizipation-in-kindertageseinrichtungen
Kinder- und Jugendbericht Rheinland Pfalz: https://mffki.rlp.de/de/themen/kinder-und-jugend/jes-eigenstaendige-jugendpolitik/kinder-und-jugendbericht/
Websites zum Thema Kindheit
Ministerium für Bildung, Kinder und Jugend www.staarkanner.lu
Ombudsman für Kinder und Jugendliche
Portal für die Fachkräfte aus dem Bereich der non-formalen Bildung